Pizzi Gemelli "Bügeleisen und Gemellikante"


Schon ihm oberen Teil, rechts unterhalb der Gipfel des Eisens...
Schon ihm oberen Teil, rechts unterhalb der Gipfel des Eisens...

Leise rieselt der Sand....und zwar am Bügeleisen...durch den 

Bergsturz wurden wohl Unmengen davon hierher geweht,

sodass es auch nach Jahren noch etwas bröselt und

knirscht unter den Sohlen.

Das ist aber nicht weiter tragisch und wird bei häufigen

Begehungen sich wieder besser...die Gemelli ist ansonsten

ja nicht vom Bergsturz betroffen...und je höher man an

ihr aufsteigt, desto "kleiner" wir der mächtige Bruder

nebenan...

Wir hatten wieder das Glück den Berg ganz allein besteigen

zu dürfen.

Im Bondasca Bergsturz Gebiet...zur Sciora geht es irgendwo vorne (noch im Grünen) links hoch
Im Bondasca Bergsturz Gebiet...zur Sciora geht es irgendwo vorne (noch im Grünen) links hoch

 

Die Route stand schon sehr lange auf meiner Wunschliste, aber

natürlich in der kompletten Version...auch wenn man sich dadurch mal wieder die goldene Wandernadel verdienen wird...

Ich habe auch den alten Bergell Führer von Paul Nigg, da heisst

es lapidar:..."für die Gemellikante bis Gipfel 8 Stunden..."

 

Wenn sogar David Bruder 9 von dieser Sorte braucht, wird´s

für uns wieder spannend, ob wir ohne Biwak durchkommen

werden...

 

Davor gilt es allerdings den Zustieg zur Sciora zu meistern:

Noch ist der Weg offiziell gesperrt, aber 2025 soll die 

Hütte wieder öffnen und über einen neuen Weg erreichbar

sein. Es gibt auch eine Crowdfunding Aktion hierfür.

 

Wir kennen uns hier noch nicht so gut aus und seit meinem

letzten Besuch 2017 hat sich viel verändert.

Zur Einstimmung seien die Filme von Christoph Klein

empfohlen...er muss ja sehr oft hier gewesen sein..

besonders gut gefallen mir "Granit - fein und grob"...

und "Ago di Sciora - Nordwestkante" diese 

sind wunderschön und auch die Musik hat was...

 

Das Ziel der Begierde taucht schon auf...davor letzte menschliche Spuren...
Das Ziel der Begierde taucht schon auf...davor letzte menschliche Spuren...

 

Im Nachhinein betrachtet, wäre es wohl sinnvoll mit dem Bike

bis zum Ende der Straße zu fahren und dann den Abstieg nach 

Norden zu machen...aber zu Fuß ist´s auch ok, allerdings zieht es

sich mit den schweren Rucksäcken doch gewaltig...vor allem,

wenn man in den Bach fällt und drei Tage lang nasse Socken

und Schuhe hat...

Nachdem wir das Riesenblockfeld hochgestiegen sind,

lokalisieren wir mittels Kartenapp den alten Weg zur

Hütte. Das hat gut funktioniert und wir erreichen

bald darauf die Hütte, wo wir von zwei österreichischen

Burschen begrüßt werden.

Sie sind von der Albinga hergelaufen und machen morgen

den Ago di Sciora...

 

Über dieses Blockfeld musst du gehen...
Über dieses Blockfeld musst du gehen...

 

Der Winterraum ist zum Glück auf...Ofen vorhanden und

fließend Wasser gibt´s aus dem Bach...Gott sei dank...

ich habe mich innerlich schon auf ein Biwak eingestellt.

Viel Zeit zum Chillen bleibt aber nicht, es ist schon spät

und morgen wird ein langer Tag...

Während unser Zeit hier oben rumpelte es übrigens

mehrfach drüben am Cengalo...man konnte nur nicht

erkennen, wo genau...

Im unteren Teil des Bügeleisens...fantastisch!!
Im unteren Teil des Bügeleisens...fantastisch!!

 

Am nächsten Tag querten wir fast waagrecht zum Einstieg und

erreichten ihn über Schneefelder und in leichter Kletterei.

Der erste Stand ist am Ende vom Band und schon etwas luftig.

 

Während des Zustiegs in der Dämmerung konnten wir am

Badile eine "Stirnlampengirlande" Richtung Einstiege der

der Kante und der Cassin beobachten...und zwei einsam

wirkende Lichter machten sich tatsächlich auf zum Cengalo.

 

Leider konnten wir den ganzen Tag weder diese Seilschaft

erspähen, noch die Burschen vom Ago....die Dimensionen

sind einfach zu gewaltig.

 

 

 

Schönes "Stilleben" mit der Cengalo Ausbruchzone
Schönes "Stilleben" mit der Cengalo Ausbruchzone

 

Wir kommen ganz gut vom Fleck...wie gesagt die Route ist

unversehrt und die gestrigen Zustiegsstrapazen sind

fast vergessen. Seillänge um Seillänge turnen wir in dieser

Traumlandschaft höher.

Den Bügeleisen Gipfel lassen wir rechts liegen und wir schauen,

dass wir möglichst zügig weiterkommen.

Denn instinktiv wissen wir, dass der größere Teil erst jetzt

kommt...das könnte mal wieder knapp werden...

Kantenaufschwung nach dem Eisen Gipfel
Kantenaufschwung nach dem Eisen Gipfel

 

Wir klettern auch brav seilfrei weiter, bis der erste Kantenaufschwung erreicht ist...den will ich in Turnschuhen

nun ohne Seil doch nicht machen...so binden wir uns wieder

ein und versuchen jetzt möglichst lange Seillängen zu machen

und ein bisschen simultan Höhe zu gewinnen...

Oben raus wird´s immer toller...
Oben raus wird´s immer toller...

 

Die Orientierung erscheint uns auch kniffliger als gedacht...es

gibt so gut wie keine Begehungsspuren...die Sechserlänge

aus Christophs Film können wir zum Beispiel nicht finden...

wir haben das Gefühl ständig nach links abgedrängt zu

werden...irgendwann, das ist uns klar, müssen wir wieder

zur Kante zurück.

Hier muss man aber schon vorbei...evtl. sind das die hellen Blöcke aus dem Pausebuch
Hier muss man aber schon vorbei...evtl. sind das die hellen Blöcke aus dem Pausebuch

 

Daher starte ich nach geraumer Zeit an einer mir günstig scheinenden Stelle über kompakte Platten in Richtung Kante

und siehe da,

in einem Riss steckt ein alter Holzkeil...aber leider nicht

mehr zu gebrauchen.

Dann steilt sich die Kante wieder auf und wir ahnen,

dass wir nun auf der korrekten Linie sind.

Eine Länge noch, dann stehen wir in der engen Scharte vor

dem großen Finale...

 

Wow!!! Dirk hat noch Saft und zieht rotpunkt durch...
Wow!!! Dirk hat noch Saft und zieht rotpunkt durch...

 

Der Stand ist nicht ganz so prickelnd, aber ich angle gleich noch

den ersten Haken der Schlüssellänge.

Dirk turnt nun in fantastischem Abendlicht elegant dem Himmel

entgegen.

Und kurz darauf sind wir oben...und die Sonne verschwindet

gleich....wir wollen aber auf jeden Fall noch die Abseilstellen finden. Schaffen wir auch...und für das nun folgende

Schneefeld wären Steigeisen mal wieder Gold wert...

Wir eiern hingegen in Zustiegsschuhen abwärts...

Schon am nächsten Tag, der Abstieg vom Porcelizzo
Schon am nächsten Tag, der Abstieg vom Porcelizzo

 

Bald darauf hüllt uns Dunkelheit ein, aber wir haben ja noch die

Kartenapp... und irgendwann werden wir automatisch

auf den Sentiero Roma treffen...und damit den Weiterweg zur

Gianetti.... und so gegen Mitternacht treffen wir dort ein...

irgendwer hat in der Hütte das Licht brennen lassen, so hatten

wir schon aus weiter Ferne das Ziel vor Augen.

Ich lege mich hinter die Hütte auf die Wiese. Mit Minischlafsack

und Biwaksack konnte ich sogar etwas schlafen...leider fängt 

es bald darauf das Tröpfeln an.

Dirk legt sich hingegen in den Trocknungsraum der Hütte...war 

aber auch nicht so toll, denn da fing bald das Rumpeln und

Rascheln an...

Einsamer Weggefährte nach dem Passo Trubinasca
Einsamer Weggefährte nach dem Passo Trubinasca

 

Der nächste Tag wird dann rekordverdächtig, und zwar: zehn

Stunden Laufen mit nur einem KitKat!!!

Leider ist die ganze Zeit das Wetter schlecht, aber stetig nähern

wir uns wieder Bondo an...Steigeisen wären schon angebracht 

gewesen, dann wär´s deutlich schneller gegangen...nächste Station ist der neue Weg zur Sasc Furä, der uns umständlich und

grottenlang runter bringt...

 

Fazit: Supertolle Route, nie extrem schwer aber echt lang!

 

Wir kommen hoffentlich bald wieder...

Kommentar schreiben

Kommentare: 1
  • #1

    Erika (Mittwoch, 05 Februar 2025 18:13)

    Da geht einem das Herz auf bei diesen Bildern und dem hervorragenden Bericht, zumal wir das
    Gebiet auch ein bisserl kennen. Herzlichen Glückwunsch zu dieser einmaligen Tour, das habt ihr
    wiedermal sehr gut gemacht. Die Schweiz ist halt immer eine (Kletter) - Reise wert.